Bürgerbegegnung Pfingsten 2011 vom 10.6. bis 13.6.
40 Jahre Partnerschaft von Freigericht und Saint-Quentin-Fallavier und Verschwisterung nach sechs Jahren Freundschaft mit Gallicano nel Lazio
Die 40-jährige Verschwisterung mit Saint-Quentin-Fallavier und sechsjährige Freundschaft mit Gallicano nel Lazio wurden am Pfingstwochenende 2011 in der Gemeinde Freigericht gefeiert. Erinnerungen an die vergangenen Begegnungen und Ereignisse zwischen den drei europäischen Gemeinden waren der Anlass, dieses Jubiläum in einem großen Rahmen auszurichten.
Chronologischer Rückblick
Im Jahr 1967 begann es mit einer Jugendgruppe, die den Wunsch hegte, sich mit einer französischen Gemeinde zu verschwistern. Man wurde in Frankreich fündig, und bald darauf fuhren fünf Schüler der Kopernikusschule gemeinsam mit ihrer Französischlehrerin nach Saint-Quentin-Fallavier. Die Verschwisterungsfeiern fanden im Mai 1971 in Altenmittlau und an Pfingsten 1972 in Saint-Quentin-Fallavier statt. Abbildung 1 zeigt die beiden Altbürgermeister Sylvain Bacconnier und Johannes Weigand auf dem Gastgeschenk der Freigerichter sitzend.
Zwar besuchte man sich zu Anfang noch häufiger, doch auch „heute besuchen wir uns meist an festgelegten Terminen einmal im Jahr abwechselnd“, so Gründungsmitglied Ernst Müller. In der Regel finden diese Treffen in den Partnergemeinden statt. Aber letztes Jahr wurde der Bodensee als Treffpunkt ausgesucht. 1979 rief der damalige Direktor der Kopernikusschule Dr. Willi Müller, der auch einer der Urheber der Verschwisterung ist, einen Schüleraustausch ins Leben, der ebenfalls bis heute fortlebt (Abbildung 2).
2002 verschwisterte sich Saint-Quentin-Fallavier mit der italienischen Gemeinde Gallicano nel Lazio. 2005 wurde zwischen Freigericht und der italienischen Gemeinde ein Freundschaftsvertrag aufgesetzt, der im Rahmen der Feierlichkeiten Pfingsten 2011 ebenfalls in einen Vertrag der Verschwisterung umgewandelt wurde.Am Freitag den 10. Juni 2011 trafen 120 Gäste aus den verschwisterten Gemeinden in Freigericht ein. Eine freudige Begrüßung mit der anschließenden Einquartierung in den Gastfamilien schloss sich am Freitagabend an. Den Abend verbrachten die Gäste in den Gastfamilien.
Die Reise in die Ortsteile am Pfingstsamstag
Mit drei
großen Bussen wurden die Ortsteile Freigerichts auf einer schon Wochen von der
Gemeinde ausgearbeiteten Route angefahren. In der Markuskirche in Altenmittlau
empfing Dechant Stefan Buß die ausländischen Freunde offiziell. Anschließend
stellte Dr. Willi Müller den Gästen die Kirche in all ihren architektonischen
Einzelheiten und Besonderheiten vor. Weiter ging es zu Fuß zum
St-Quentin-Fallavier-Platz, wo die Gäste musikalisch vom Sextett „Alemundo“ empfangen
wurden. Die Weiterfahrt führte ins Gewerbegebiet Birkenhain, mit Erläuterungen
zum Gebiet und den Gewerben.
In Neuses gab
es wieder eine gesangliche Vorstellung als akustischen Genuss. Der Sängerverein
„1875/99“ Freigericht gab vor mehr als 200 Gästen und Freigerichter Bürgern drei
Lieder zum Besten (Abbildung 3). Weiter ging die Reise durch die Ortsteile zum
Landhaus Fernblick, wo ein Imbiss und Erfrischungen gereicht wurden. Nach der
Mittagspause stand die Besichtigung der Kopernikusschule auf dem Programm, wobei
die Gruppe in Französisch und Italienisch geführt wurde. Die Besonderheiten der
„Europaschule“ wurden von Direktorin Anne-Marie Dörr den ausländischen Gästen
erläutert (Abbildung 4). In Horbach an der Kneippanlage fand dann das dritte
und letzte Platzkonzert des Musikvereins „Germania“ statt mit Kaffee und
Kuchen. Zum Abschluss der Reise durch die Ortsteile wurde der Hof Trages besichtigt.
Der Vorsitzenden des Geschichtsvereins, Herr Soldan, referierte in
französischer Sprache und erläuterte die geschichtlichen Fakten zu diesem Sitz
der Familie von Savigny.
Großer
Festabend der Komitees
Der Festabend der Komitees begann mit einem Sektempfang im Vestibül der Freigericht-Halle. In allen drei Sprachen wurde die nicht nur kulturreiche, sondern auch zahlreiche Gesellschaft begrüßt. Natürlich gab es ein umfangreiches Büfett mit ausgewählten deutschen Köstlichkeiten, wie Grillschinken mit Knusperschwarte, deutschem Wein und deutscher Käseplatte zum Dessert.
Für Unterhaltung sorgte das „Odeon Orchestrion“, das mit Geige, Klarinette, Kontrabass und Akkordeon begeisterte und dem Abend seine feierliche Note verlieh (Abbildung 5). An diesem Abend wurden zahlreiche Personen geehrt. So die Initiatoren der ersten Stunde, die Vorsitzenden der Komitees und ihre langjährigen und besonders verdienten Mitglieder sowie die früheren und jetzigen Bürgermeister der drei Gemeinden (Abbildung 6).
Ökumenischer Gottesdienst am Pfingstsonntag
Bei herrlichem Wetter an diesem Pfingstsonntagmorgen herrschte ungewohnte Atmosphäre auf dem Somborner Rathausplatz. Freigericht war an diesem Wochenende ein Ort der internationalen Begegnung. Aus der üblichen Geräuschkulisse stachen ab und an französische und italienische Worte heraus.
Den Anfang der Feierlichkeiten machte ein dreisprachiger ökumenischer Gottesdienst. Es sollte auch zugleich der Höhepunkt der Feierlichkeiten der Verschwisterung werden. Der Gottesdienst fand in einem Festzelt auf dem Rathausplatz in Somborn statt. Neben Dechant Stefan Buß und dem Pfarrer der evangelischen Kirche, Holger Siebert, stand an dem auf der Bühne errichteten Altar auch der aus dem Kongo stammende Dr. Julien D’Inga, der einige Lesungen und Fürbitten auf Französisch vortrug (Abbildung 7). Die musikalische Gestaltung hatte der Somborner Singkreis unter der Leitung von Helmuth Smola übernommen. Dechant Buß
leitete in seiner Predigt aus dem Pfingstgeschehen für uns heutige Menschen den
Auftrag zu „Verständigung, Frieden und Eintracht“ ab. In der 40-jährigen Partnerschaft
mit Saint-Quentin-Fallavier sah er die Früchte dieser Verständigung. Die neue
Partnerschaft mit Gallicano nel Lazio sei Anlass, sich zu freuen und sich um
weitere Verständigung zu bemühen (Abbildung 8). Das
Festzelt war voll besetzt, auf den Festbänken drängten sich bunt gemischt Franzosen,
Italiener und Deutsche. Sie verständigten sich mit Gesten oder den Worten, die ihnen
in der jeweiligen Fremdsprache bekannt waren. Auch wenn in diesem babylonischen
Sprachgewirr die Verständigung nicht immer klappte, so verstanden sich die
Gäste, Gastgeber und Freigerichter Bürger trotzdem hervorragend.
An diesem Wochenende
war Freigericht ein wahrer Ort der internationalen Begegnung. Zahlreiche Gäste
aus der Politik waren angereist, um den internationalen Gästen ihre Grüße zu überbringen.
Künstler der drei verbundenen Länder präsentierten Kunstwerke unter dem Motto
„Grenzen überschreiten“ ihre Werke im Rathaus (Abbildung 9).
Am Nachmittag begann die Unterhaltung im Festzelt mit einer Tanzaufführung des Kindergartens „Schatzkiste“ und des Kindergartens „Sportfeld“. Manfred Rennhack moderierte das Programm in der Tracht der Volkstanzgruppe Altenmittlau, die wie er erklärte „aus der Partnerschaft mit Saint-Quentin-Fallavier hervorgegangen sei.
Bürgermeister
Joachim Lucas begrüßte seine Gäste mit folgenden einleitenden Worten: „ Als
Botschafter ehrenhalber habe der frühere Außenminister Hans-Dietrich Genscher
jene Menschen bezeichnet, die sich in Städtepartnerschaften engagierten.“ Einerseits
haben diese Menschen, die die Partnerschaft zu ihrem eigenen Anliegen machen,
eine Botschaft zu verkünden, andererseits haben sie diplomatisches Geschick an
den Tag gelegt, um Verständigungsprozesse in Gang zu setzen oder wieder
anzukurbeln. In dieser langen Zeit hätten viele Menschen die Beziehungen
zwischen beiden Kommunen mit Leben erfüllt, so Lucas in seiner Begrüßungsrede
als gastgebender Bürgermeister. Die Partnerschaft sei mittlerweile ein
wichtiger Teil des kommunalen Alltags geworden, führte er aus. Nicht zuletzt
diesem Umstand sei es zu verdanken, dass Europa dem Ziel der ersten Stunde
schon sehr nahe gekommen sei – man dürfe immerhin auf die längste Friedensperiode
zurückblicken, die der Kontinent je gekannt habe. Und auch wenn man durch die
modernen Medien zu jeder Zeit gut informiert sei, gehe doch nichts über das
direkte Gespräch: „Die Bürger von Saint-Quentin-Fallavier und Freigericht haben
seit 1971 das Gespräch gesucht und ein dichtes Netz persönlicher Bindungen
geknüpft“, lobte er. Für die Verschwisterung mit Gallicano nel Lazio wünschte
er sich, dass eine Verbindung der Herzen und die Verständigung auf allen
Gebieten des menschlichen Lebens nun auch mit Italien möglich werden.
Der Europaparlamentsabgeordneter Thomas Mann überbrachte seine besten Wünsche für die Partnerschaft. „Dass wir über die Grenzen unserer Länder hinaus denken, ist eine Errungenschaft der Europäischen Union“, erklärte er. Auf diese Weise würden Menschen zwischen Deutschland, Frankreich und Italien nachhaltig miteinander verbunden (Abbildung 10).
Über die
Entwicklung Europas sprach Landrat Erich Pipa in seiner Rede, die als Grußworte
an die Italiener und Franzosen im speziellen gerichtet war: „Noch vor 70 Jahren
haben in Europa Menschen mit Waffen aufeinander gezielt“. Aus diesem Grund
müsse man dankbar für die freundschaftlichen Beziehungen der Länder sein. Es
sei ihm ein außerordentliches Anliegen, dass diese Partnerschaften mit Leben
gefüllt würden.
Michel
Bacconnier, der Bürgermeister von Saint-Quentin-Fallavier, hatte folgende
Grußworte im Gepäck mitgebracht: „Die Welt habe sich stark verändert. Die Wiedervereinigung
Deutschlands, eine gemeinsame Währung und die weltweite Ausdehnung der
Wirtschaft zwinge zum globalen Denken“. Er sprach von neuen Herausforderungen und
der großen Bedeutung der Völkerverständigung. Dieser sei nicht zuletzt durch
die gegenseitige Entdeckung der Kulturen Rechnung getragen worden. Die
Verschwisterung mit Gallicano nel Lazio gebe der Aktion neue Kraft, erklärte der
französische Bürgermeister Bacconnier. Für die Zukunft wünsche er sich eine Ausdehnung
der Aktivitäten auf den bisherigen Prinzipien der Toleranz.
Gallicano
nel Lazios Bürgermeister Danilo Sordi freute sich über die guten Beziehungen zu
den Partnergemeinden. Es erfülle ihn mit Freude und besonderem Stolz, den
Verschwisterungsvertrag zu unterzeichnen, erklärte der italienische
Bürgermeister er vor dem offiziellen Akt. Er bedankte sich bei allen
Beteiligten, die diesen Augenblick möglich machten. „Es mag veraltet und
überholt erscheinen, dass man in unserem großen Europa ohne Grenzen von
Verschwisterung und Freundschaft zwischen unseren kleinen Gemeinden spricht“,
erklärte Sordi in seinen Grußworten in Landessprache. Franzosen und Deutsche
konnten den Text in ihrer Sprache in der Festschrift mitlesen. Gleich darauf
machte er klar, weshalb dem nicht so sei: Seit Urzeiten hätten die Menschen das
Bedürfnis, sich kennen zu lernen, zu lieben, einander zu bekriegen, sich zu
messen und sich in die Augen zu sehen, um Gefühle, Interessen und Tugenden
auszutauschen. Mit dem Festakt werde die Verbrüderung der Menschen hervorgehoben,
die im Zentrum dieses wichtigen Vorhabens stehe, schloss Bürgermeister Sordi
seine Grußworte.
Zwischen
den einzelnen Ansprachen, Grußworten und Programmpunkten unterhielt der
Musikverein „Harmonie“ Neuses die Gäste mit Musik aus allen drei Ländern und
auch die Volkstanzgruppe Altenmittlau führte landestypische Tänze auf – zum Abschluss
tanzten sie sogar gemeinschaftlich mit den Gästen aus den befreundeten Ländern
einen kurz zuvor spontan einstudierten Tanz.
Unterzeichnung der Verschwisterungsurkunde
Inzwischen
war es später Nachmittag geworden und das Festzelt, ja der ganze Rathausplatz
war mit Menschen gefüllt, in Erwartung des eigentlichen Akts der Verschwisterung.
Die Bürgermeister Lucas und Sordi unterschrieben die Verträge unter lautem
Beifall der Gäste (Abbildung 11). Die Europahymne und die Nationalhymnen der
Länder – gespielt vom Musikverein „Viktoria- Altenmittlau“ bildeten schließlich
den Abschluss der Verschwisterung.
Bildunterschriften:
Abbildung 1:
1972
Die beiden Altbürgermeister auf dem Gastgeschenk der Freigerichter sitzend mit
Freundschaftsgeste. Dahinter Mitglieder der Feuerwehr von St-Quentin-Fallavier.
Abbildung
2: 2008
Zum Thema „Demokratie auf lokaler Ebene“ besuchten 50 Jugendliche unserer drei
Gemeinden bei der Jugendbegegnung in Freigericht den Hessischen Landtag.
Abbildung
3: Reise in die Ortsteile
In Neuses wurde eine gesangliche Vorstellung des Sängervereins „1875/99“ Freigericht
den mehr als 200 Gästen und Freigerichtern geboten.
Abbildung
4: Reise in die Ortsteile
Die Gruppe wurde in Französisch und Italienisch geführt. Die Besonderheiten der
„Europaschule“ wurden von Direktorin Anne-Marie Dörr den ausländischen Gästen
erläutert.
Abbildung
5: Großer Festabend der Komitees
Für Unterhaltung am Festabend sorgte das „Odeon Orchestrion“, das mit Geige, Klarinette,
Kontrabass und Akkordeon begeisterte und dem Abend seine feierliche Note
verlieh.
Abbildung
6: Großer Festabend der Komitees
Geehrt wurden die Initiatoren der ersten Stunde, die Vorsitzenden der Komitees
und ihre langjährigen und besonders verdienten Mitglieder sowie die früheren
und jetzigen Bürgermeister der drei Gemeinden.
Abbildung
7: Ökumenischer Gottesdienst
Dechant Stefan Buß, Pfarrer Holger Siebert und der aus dem Kongo stammende Dr.
Julien D’Inga hielten den ökumenischen Gottesdienst in drei Sprachen.
Abbildung
8: Ökumenischer Gottesdienst
Dechant Buß leitete in seiner Predigt aus dem Pfingstgeschehen für uns heutige
Menschen den Auftrag zu „Verständigung, Frieden und Eintracht“ ab.
Abbildung 9: Kunstausstellung „Grenzen überschreiten“
Eröffnung der vom Kaleidoskop initiierten Ausstellung. Von links: Hugo Klein (MdL), Danilo Sordi (BGM Gallicano nel Lazio), Michel Bacconnier (BGM Saint-Quentin-Fallavier), Joachim Lucas (BGM Freigericht) und Prof. Bernard Fleckenstein (Vorsitzender Kaleidoskop).
Abbildung
10: Ansprachen und Grußworte
Der Europaparlamentsabgeordneter Thomas Mann überbrachte mit seinen Grußworten
die besten Wünsche für die Partnerschaft.
Abbildung 11:
Unterzeichnung der Urkunde
Bürgermeister Sordi und Lucas haben die Urkunde unterschrieben. Michel Bacconnier
gratuliert als lachender Dritter im Bunde.
Abbildung
12: Gastgeschenke
Ein Modell der Piazza Sant’ Apostolo der italienischen Partnerstadt Gallicano
nel Lazio wurde als Gastgeschenk der Gemeinde Freigericht überreicht.